Wie bereits in meinen Ausstellungsankündigungen erwähnt, entführt uns diese Ausstellung in ein spezielles Sujet, die Shin Hanga, also eine spezielle Sparte an Farbholzschnitten, die in etwa seit der Meiji-Zeit entstanden. Sie sind die „Nachkommen“ der vielbesungenen und hochgelobten Ukiyo-e oder Farbholzschnitte der Edo-Zeit (1603-1868).

Shin Hanga – der neue Druck

Shin Hanga – „Neuer Druck“ – ganz anders als bei den Ukiyo-e wollte und konnte der westliche Kunstinteressierten dem Neuen zunächst einmal nichts abgewinnen. Man ignorierte die Shin Hanga oder missachtete sie sogar als Kitsch, als Bild einer verwestlichten Edo-Romantik, die die Idee des ursprünglichen, also historischen Japans, höchst unvorteilhaft mit westlichen Stilmitteln vermengt.

Ganz sicher ist das ein hartes Urteil. Fakt ist aber doch, dass sich nach der Edo-Zeit in Sachen Farbholzschnitt einiges zu ändern begann. Denn genauso wie die Druck der Edo-Zeit sind auch Shin Hanga ein Spiegel ihrer Zeit, eine Zeit die eben nicht mehr durch die Abriegelung des Landes und durch ein rigides Feudalsystem geprägt war als durch die Öffnung gegenüber dem Westen sowie dessen Ideen.

Shin Hanga – ein neuer Stil

Die Drucke wandelten sich zum Einen in Punkto Stilmittel. Die perspektivische Gestaltung fand mehr und mehr Einzug in den japanischen Druck wie auch die eher naturalistischen, formbetonten und realistischeren Darstellungen von Mensch und Natur. Nehmen wir die schob immer beliebten Darstellungen von schönen Frauen – bisher eher stilisiert und schematisiert abgebildet, werden sie nun, nach westlicher Manier, wie Individuen dargestellt.

Manche Drucke weisen auch eine plakative Vereinfachung der klassischen japanischen Ästhetik auf, wobei deren Druckqualität und Machart exquisit ist.

Shin Hanga – die Motive ihrer Zeit

Die Motive der Shin Hanga blieben „weitend“ ähnlich, schöne Frauen, Naturszenen, städtische Szenen und sogar Kabuki-Schauspieler, die aber allesamt in einer weitaus idealisierteren, romantisierteren, oder sagen wir das Edo-Ideal überhöhenden Manier gezeigt werden. Es sind die vermeintlichen Motive der Edo-Zeit, die man noch nicht loslassen möchte, die aber mit westlichen Stilmitteln und Bildmitteln angereichert werden.

Das ist in der Tat Geschmackssache, aber diese Entwicklung in ästhetischer und historischer Weise nachzuvollziehen, ist faszinierend. Es ist eine faszinierende Geschichte, die in dieser Ausstellung erzählt wird, eine Reise der besonderen Art und wirklich, wirklich sehenswert. Insgesamt sind hier über 200 Werke zu sehen.

Die skeptische Haltung von Sammlern und Liebhabern gegenüber den Shin Hanga hat sich mittlerweile gelegt. Im Gegenteil, sie genießen mittlerweile große Wertschätzung.

Shin Hanga: Der moderne Farbholzschnitt Japans 1900-1960 vom 11. März bis 06. Juni im Museum für Ostasiatische Kunst Köln

Mehr zum Thema Ukiyo-e, Shin Hanga und Sôsaku Hanga finden Sie in meinem Artikel Printen Japan. Die große Welt der japanischen Druckgrafik.